Wie corona123.ch zustande kam
Ende Sommer 2020, zu Beginn der Covid Pandemie, kam Robin Schmidt, Leiter Unternehmensentwicklung bei mediX zürich mit folgendem Problem aus den Hausarztpraxen auf uns zu: Der administrative Aufwand für das Erfassen der Corona-Tests werde immer grösser. Die umfassenden klinischen Befunde für positive Corona-Tests mussten einzeln ausgefüllt und per Mail oder Fax ans BAG übermittelt werden. «Wir wollten den Hausärzten diese administrative Arbeit mit einem Online-Tool so weit wie möglich abnehmen», so Robin.
Gemeinsam entstand die Idee von corona123.ch: Die Patienten erfassen vorgängig selbständig ihre Daten, die der Praxis datenschutzkonform per Mail geschickt werden. Nach erfolgtem Test wird automatisch ein PDF generiert und ans BAG übermittelt.
Zusage innert zwei Stunden
Mitte September wurden wir mit dem geplanten Projekt bei ebendiesem BAG vorstellig — und erhielten eine Absage. Private Initiativen würden nicht unterstützt, so die Begründung. Mehr Erfolg hatten wir bei Zur Rose: Keine zwei Stunden nach der Anfrage wurde uns das Sponsoring zugesichert. «Wir wollten auch bei der Bekämpfung der Pandemie einen Beitrag zur Reduktion des administrativen Aufwands in den Arztpraxen leisten. Unser TechHub BlueCare war von der Idee der Plattform ebenfalls sofort überzeugt», sagt Gaudenz Weber, Leiter Marketing Zur Rose. Schnell geregelt war auch die Arbeitsteilung unter den vier beteiligten Partnern: mediX übernahm den Projektlead, Zur Rose das Sponsoring, wir mit healthinal die technische Umsetzung und BlueCare den Support.
Doch dass corona123.ch heute von rund 900 Institutionen und bei über 300’000 Patienten die Administration beim Testen und Impfen vereinfachen konnte, ist nicht selbstverständlich. Bei der Umsetzung stellten sich immer wieder neue Herausforderungen, auf die wir innert kürzester Zeit reagieren mussten. Es begann damit, dass bereits der auf den 1. November 2020 geplante Launch der Plattform verschoben werden musste. Keine 24 Stunden vor Lancierung verkündete das BAG, die ausführlichen klinischen Befunde der Hausärzte würden künftig nicht mehr in dieser Form erfasst.
Modul für Impfindikation und Dokumentation
Ein Rückschlag, dennoch war unsere Arbeit nicht umsonst. Schliesslich konnte corona123.ch weiterhin für die Administration der Testanmeldungen genutzt werden. Davon profitierten Hausärzte wie Dr. Martin Spillmann. «Uns hat corona123.ch enorm geholfen», so der Leiter der Permanence Winterthur. «Der administrative Aufwand hat sich stark verringert, zudem konnten wir unnötige Telefonate vermeiden und während des Lockdowns die Dauer des Praxisaufenthaltes von Verdachtspatienten auf ein Minimum reduzieren. »
Dasselbe sollte corona123.ch auch für die Impfkampagne ermöglichen. Denn schnell wurde klar, dass die vom BAG finanzierte Lösung nur von Impfzentren eingesetzt werden konnte, erzählt Schmidt. Eine einfache und für alle Arztpraxen einsetzbare Lösung habe gefehlt. «Es war mediX ein grosses Anliegen, dass die Hausärzte, die ihre Risikopatienten am besten kennen und seit jeher die natürliche Anlaufstelle für Impfungen sind, diese Rolle auch in der Pandemie wahrnehmen können», so Robin. «Wir wollten verhindern, dass sie durch administrative und technische Hürden davon abgehalten werden, diese Rolle wahrzunehmen.»
Daraufhin haben wir corona123 mit einem Modul für die Impfdokumentation ergänzt. Nach der Registrierung des Patienten erhält die Praxis eine E-Mail mit den Patientendaten, der medizinischen Indikation und der Impfkategorie. Nach erfolgter Impfung werden die Daten über eine Schnittstelle ans BAG übermittelt.
Damit diese Schnittstelle überhaupt genutzt werden kann, mussten die Kantone einzeln angegangen werden! In einer ersten Phase konnten die Kantone Aargau, Glarus, Graubünden, Luzern, Schwyz und Zürich gewonnen werden. «Wir benötigten eine schnell implementierbare und einfach zu bedienende Lösung, die von allen Leistungserbringern unabhängig von ihrem Primärsystem genutzt werden kann», begründet Dario Schaller seinen Entscheid, corona123.ch im Kanton Luzern einzusetzen. Er ist Programmleiter E-Gouvernment Basisinfrastruktur beim Kanton Luzern, wo corona123.ch von 193 Leistungserbringern inklusive Apotheken und Heimen eingesetzt wird.
Herausforderungen in der Umsetzung
Der Impfprozess sollte unser Projektteam aber noch mehrfach fordern. So stand zum Beispiel die für die Ausstellung der Covid-Zertifikate vorgesehene Software mycovidvac aufgrund von Sicherheitslücken von einem auf den anderen Tag nicht mehr zur Verfügung. In Zürich wiederum musste die ganze Datenbank migriert werden, weil plötzlich nur noch die Impfdokumentation von VacMe erlaubt war und bestehende Lösungen abgeschaltet werden mussten. Doch auch diese Herausforderungen konnten wir gemeinsam meistern, und mit der erfolgreichen Anbindung des Covid-Zertifikates Mitte Juni 2021 wurde der vorerst letzte grosse Entwicklungsschritt von corona123.ch abgeschlossen.
Eingesetzte Technologien
Für die Umsetzung von corona123 haben wir mit folgenden Technologien & Partnern gearbeitet:
- Backend: Spring WebFlux, Kotlin, RabbitMQ & PostgreSQL
- Frontend: Webapplikation mit React / Redux, MUI (Material UI heisst neu MUI)
- DevOps mit Docker und CircleCI
- Monitoring: Graylog und Sentry
- Anbindung an VMDL API zur Statistikerfassung und für Report und Zertifikats-API zum Generieren von Corona-Zertifikaten
- Schweizer Hosting bei nine.ch, zertifiziert nach ISO27001
Erfahrungen für künftige Kooperationen & Entlastung für Hausarztpraxen
Die schnelle Zusage Ende Sommer 2020 habe sich mehr als gelohnt, sagt Gaudenz Weber. «Wir haben es unter erschwerten und sich ändernden Bedingungen geschafft, ein Tool zu entwickeln, das die Hausärzte im Praxisalltag deutlich entlastet und auf grossen Anklang stösst.»
Projektleiter Robin wiederum betont die Vorteile für künftige Projekte: «Die Erfahrungen, die wir durch diese Kooperation gesammelt haben — sowohl untereinander als auch mit den Behörden –, werden uns und den Hausärzten auch in Zukunft zugutekommen.»
Uns von healthinal hat vor allem die unkomplizierte und agile Zusammenarbeit sowie das Commitment von mediX, Zur Rose & BlueCare beeindruckt. Trotz Rückschlägen ist die Unterstützung jederzeit gegeben gewesen und wir konnten ganz im Startup-Sinne echt ‘agil’ vorgehen; ohne dass wir durch unnötige Corporate Strukturen aufgehalten worden wären.
An dieser Stelle bedanken wir uns ganz herzlich für das spannende Projekt und freuen uns auf weitere gemeinsame Projekte mit euch!
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