Im schweizerischen Gesundheitswesen steigt der Druck auf die medizinische Versorgung. Die Zahl der multimorbiden und chronisch kranken Patient:innen nimmt zu. Ein Trend, der sich in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Unter dem Stichwort «Interprofessionalität» ist in den letzten Jahren eine Bewegung entstanden, welche die nicht-ärztlichen Berufe des Gesundheitswesens stärker einbindet und neue Versorgungsmodelle vorantreibt. Eine Neuausrichtung und Neuverteilung einzelner Arbeiten und Kompetenzen, vor allem unter Einbezug der Pflege und medizinischen Praxisassistenz, wird angestrebt.
Tardoc - finanzielle Wertschätzung für Kompetenzen der MPK
Dieser Ansatz sieht für einzelne Gesundheitsberufe in Zukunft erweiterte Kompetenzen vor. MPA haben beispielsweise die Möglichkeit, sich zur MPK weiterzubilden. Wer sich für die klinische Fachrichtung zur MPK entscheidet, erhält vertiefte Einblicke in ausgewählte Krankheitsbilder wie Diabetes, COPD oder koronare Herzkrankheiten und kann danach die Beratung und Kontrolle der Langzeitversorgung von chronisch kranken Patient:innen innerhalb des Praxissettings übernehmen. MPK werden so in die Lage versetzt, bestimmte Aufgaben von Hausärzt:innen zu übernehmen, was Ihre Fachkompetenzen stärkt und die Ärzteschaft entlastet.
In der Schweiz sind bereits rund 400 MPK mit klinischer Fachrichtung in Hausarztpraxen tätig. Bei der Nutzung ihrer Kompetenzen stossen diese aktuell jedoch noch auf Hindernisse. Denn derzeit ist es noch nicht möglich, MPK-Leistungen offiziell abzurechnen. Im geltenden TARMED-Tarif sind hierfür keine Positionen vorhanden. Er ist diesbezüglich veraltet und lässt sich auch nicht mehr aktualisieren. Die Hoffnung liegt auf dem neuen Tarifmodell TARDOC. Dieses sieht spezielle Tarifpositionen für nicht-ärztliche Leistungen im Chronic Care Management vor.
Neues Register für die Abrechnungsüberprüfung von MPK-Tätigkeiten
Mit Zuversicht auf eine baldige Einführung des neuen TARDOC-Tarifs hat sich der SVA bereits daran gemacht, ein gesamtschweizerisches MPK-Register zu erstellen, um Krankenkassen eine Möglichkeit für die Abrechnungsüberprüfung zu bieten. Denn nach TARDOC vergütet werden zukünftig nur die Leistungen, die von MPK mit entsprechender Weiterbildungsqualifikation erbracht wurden. Das muss für Kostenträger überprüfbar sein.
Der SVA entschied sich, dafür ein elektronisches Register mit entsprechendem Rechte- und Rollensystem zu entwickeln. Das Ausarbeiten der Detailanforderungen des Registers stellte allerdings gleich zu Beginn des Projektes eine Herausforderung dar. Als Verband war der SVA angehalten, die für das Register nötigen Produkte und Dienstleistungen durch eine Ausschreibung zu beschaffen. Das bedeutet, es müssen Ausschreibungsunterlagen erstellt und veröffentlicht, sowie Angebote eingeholt und ausgewertet werden, um einem geeigneten Anbieter einen Zuschlag zu erteilen. Hat man so etwas für eine digitale Anwendung noch nie zuvor gemacht, ist das mit einer Reihe von Herausforderungen verbunden.
Ein Register soll’s sein - welche Funktionen braucht es?
Das es ein Register sein soll, war für das Projektteam des SVA zwar klar, Umfang und Art der konkreten Features allerdings nicht. Ohne eine Detailspezifikation nutzen Anbieter häufig die Chance, ihre Produkte ausschweifend zu beschreiben und höchst individuelle Ratschläge zu geben, worauf bei der Umsetzung besonders zu achten sei. Das ist grundsätzlich nicht schlecht. Doch ohne eine eigene Vorstellung vom Leistungsspektrum einer Lösung und dessen Funktionsumfang lässt sich natürlich nur schwer die Spreu vom Weizen trennen.
Wie kommt man also zu einer bewerteten Feature-Wunschliste, die es ermöglicht, den richtigen Anbieter auszuwählen? Die Projektbeteiligten der SVA beauftragten healthinal, um im Rahmen eines Vorprojektes gemeinsam die Anforderungen an das System zu spezifizieren und geeignete Anbieter zu evaluieren.
Zielsicher zur Anforderungsspezifikation
Wer greift auf das Register zu? Wer muss es bedienen und administrieren? Was muss das Register funktional alles können? Welche Wünsche an das System existieren und wie kann sichergestellt werden, dass diese Wünsche später auch erfüllt werden?
Viele offene Fragen und unmittelbar war klar, dass es als Erstes darum geht die notwendigen Funktionen zu definieren und ein aussagekräftiges Lastenheft zu erarbeiten. Als Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen vermittelt es Softwareanbietern, was die zukünftige, gewünschte Lösung funktional alles bieten soll.
Um möglichst effektiv und effizient ein solches Lastenheft für die Ausschreibung zu erstellen, hielten wir mit dem Projektteam des SVA einen Workshop ab, in dem wir die User-Stories und Anforderungen zunächst textuell und visuell mit Hilfe von Post-its aufnahmen. Anschließend formulierten wir daraus gemeinsam User-Stories und Requirements, setzten diese in Beziehung zueinander, um Zusammenhänge und Abhängigkeiten nachvollziehen zu können und erstellten die Anforderungsdokumente und das benötigte Lastenheft für die Ausschreibung.
Schematisches Beispiel wie die relevanten User-Stories zusammengetragen werden
Ausschreibung und Evaluation
Nach Abschluss dieses Prozesses war das Team der SVA befähigt, eine qualifizierte und aussagekräftige Ausschreibung zu veröffentlichen. Bereits wenige Wochen später hatte sich eine kritische Anbieterzahl mit einem entsprechenden Angebot zurückgemeldet. Anhand festgelegter Bewertungs- und Akzeptanzkriterien konnte schnell und einfach evaluiert werden, inwieweit die Angebote die Anforderungen erfüllten. Eine einfache Prüfmatrix unterstützte die objektive Bewertung der Anbieter und sorgte für die notwendige Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei der Auswahl. Schnitten Anbieter bei vielen der zuvor festgelegten Akzeptanzkriterien schlecht ab, war das anhand der Anforderungsspezifikation einfach nachvollziehbar und ein Indikator dafür, auf ein anderes Angebot einzugehen.
Lessons Learned
Die Richtigkeit und Vollständigkeit einer funktionalen Spezifikation ist die Grundlage und eine wesentliche Voraussetzung für die Ausschreibung und Evaluation von Technologiedienstleistern. Ein Lastenheft für die Ausschreibung – also ein Dokument, das im Rahmen der Ausschreibung die Anforderungen spezifiziert – ist das Mittel der Wahl. Es kann mit verhältnismässig geringem Aufwand aus den Projektinhalten und den erfassten Anforderungen zusammengestellt werden. Arbeit steckt vor allem darin, ein gemeinsames Verständnis der Anforderungen zu erarbeiten und somit die inhaltliche Grundlage für ein Lastenheft zu schaffen.
Mit healthinal bieten wir dafür einen bewährten Prozess und die notwendigen Tools und Vorlagen für zielführendes und verlässliches Requirements Engineering an. So lassen sich Ausschreibungen und Anbieterevaluationen im Rahmen eines Softwareprojektes einfach, schnell und treffsicher durchführen und es kann – wie im Falle des SVA – sichergestellt werden, dass Kunden das Softwareprodukt erhalten, dass Sie sich gewünscht und vorgestellt haben.
Ausstehende Umsetzung
Für das Team des SVA ist nun leider erst noch einmal Warten angesagt. Der Bundesrat hat die Einführung des TARDOC erneut verschoben. Wenn es aber soweit ist, steht der SVA mit der endgültigen Vergabe des Auftrags für das neue MPA/MPK Register bereits in den Startlöchern. Wir bedanken uns an dieser Stelle noch einmal herzlich für die tolle Zusammenarbeit und wünschen allen am Projekt Beteiligten viel Erfolg bei der Umsetzung und Einführung des neuen Systems.
Steht in deinem Betrieb eine Software-Evaluation an?
Hast auch du ein Softwareprojekt und weisst nicht, wie du die entsprechenden Anforderungen analysierst und strukturiert erfasst? Wir unterstützen dich gerne in der Lösungsdefinition & der Ausschreibung. Kontaktiere uns jetzt unter:
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Rahel Meier
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